Spezielle unitäre Gruppe

Die spezielle unitäre Gruppe S U ( n ) {\displaystyle \mathrm {SU} (n)} besteht aus den unitären n×n-Matrizen mit komplexen Einträgen, deren Determinante 1 beträgt. Sie ist eine kompakte, einfache Lie-Gruppe der reellen Dimension n 2 1 , {\displaystyle n^{2}-1,} insbesondere auch eine differenzierbare Mannigfaltigkeit.

Ferner ist sie eine Untergruppe der unitären Gruppe U ( n ) {\displaystyle \mathrm {U} (n)} sowie der speziellen linearen Gruppe S L ( n , C ) {\displaystyle \mathrm {SL} (n,\mathbb {C} )} .

Lie-Algebra

Die zu S U ( n ) {\displaystyle \mathrm {SU} (n)} korrespondierende Lie-Algebra s u ( n ) {\displaystyle {\mathfrak {su}}(n)} entspricht dem Tangentialraum am Einselement der Gruppe. Sie besteht aus dem Raum aller schiefhermiteschen Matrizen mit Spur 0. Die surjektive Abbildung

f : s u ( n ) S U ( n ) , g exp g {\displaystyle f\colon {\mathfrak {su}}(n)\to \mathrm {SU} (n),\quad \quad g\mapsto \exp {g}}

bildet ein Element der Lie-Algebra auf die Gruppe ab.

Zentrum

Das Zentrum von S U ( n ) {\displaystyle \mathrm {SU} (n)} besteht aus allen Vielfachen ξ E n {\displaystyle \xi E_{n}} der Einheitsmatrix E n {\displaystyle E_{n}} , die in S U ( n ) {\displaystyle \mathrm {SU} (n)} liegen. Da det ( ξ E n ) = ξ n = 1 {\displaystyle \det(\xi E_{n})=\xi ^{n}=1} , müssen diese Vielfachen n {\displaystyle n} -te Einheitswurzeln sein. Daher ist das Zentrum isomorph zur Restklassengruppe Z / n Z {\displaystyle \mathbb {Z} /n\mathbb {Z} } .

Bedeutung in der Physik

Die spezielle unitäre Gruppe spielt eine besondere Rolle in der theoretischen Physik, da das derzeitige Standardmodell der Elementarteilchenphysik mehrere S U ( n ) {\displaystyle \mathrm {SU} (n)} -Symmetrien aufweist. So ist die interne Symmetriegruppe des Standardmodells durch S U ( 3 ) × S U ( 2 ) × U ( 1 ) {\displaystyle \mathrm {SU} (3)\times \mathrm {SU} (2)\times \mathrm {U} (1)} gegeben (wobei sich die drei Faktoren auf unterschiedliche Freiheitsgrade beziehen, nämlich Farbe, Flavour und elektrische Ladung). Darüber hinaus gibt es die näherungsweise gültige S U ( 3 ) {\displaystyle \mathrm {SU} (3)} -Symmetrie zur Klassifikation von Hadronen, die aus den „leichten“ up-, down- und strange-Quarks bestehen (die Massen dieser Quarks werden vernachlässigt, die drei „schweren“ Quarks werden von dieser Gruppe nicht beschrieben).

Ferner ist der kompakte Anteil der speziellen orthochronen Lorentzgruppe isomorph zu S U ( 2 ) × S U ( 2 ) {\displaystyle \mathrm {SU} (2)\times \mathrm {SU} (2)} .

Die Gruppe S U ( 2 ) {\displaystyle \mathrm {SU} (2)} ist zugleich die sogenannte Doppelgruppe der gewöhnlichen Drehgruppe S O ( 3 ) {\displaystyle \mathrm {SO} (3)} im dreidimensionalen Raum:

SU(2) als „Überlagerung“ der Drehgruppe SO(3)

Die SU(2), die Gruppe der „komplexen Drehungen“ des zweidimensionalen komplexen Raumes C 2 {\displaystyle \mathbb {C} ^{2}} , mit Hauptanwendungen in der Quantenmechanik (→ Spindrehimpuls), wird von den drei Pauli-Matrizen σ i {\displaystyle \sigma _{i}} erzeugt. Sie ist die zweiblättrige Überlagerungsgruppe der SO(3), der Drehgruppe des dreidimensionalen reellen Raumes R 3 {\displaystyle \mathbb {R} ^{3}} , die von den Ortsdrehimpulsen erzeugt wird. Es gilt mit der imaginären Einheit i {\displaystyle \mathrm {i} } :

S U ( 2 ) = { exp ( i 2 α σ ) | α R 3 } {\displaystyle \mathrm {SU} (2)=\left\{\left.\exp \left(-{\tfrac {\mathrm {i} }{2}}{\vec {\alpha }}\cdot {\vec {\sigma }}\right)\right|{\vec {\alpha }}\in \mathbb {R} ^{3}\right\}} mit reellen Vektorkomponenten α 1 , α 2 {\displaystyle \,\alpha _{1},\,\alpha _{2}} und α 3 {\displaystyle \,\alpha _{3}} , den „Drehwinkeln“  ( α 3 {\displaystyle \,\alpha _{3}} durchläuft beispielsweise das Intervall [ 2 π , + 2 π ] {\displaystyle [-2\pi ,+2\pi ]} ), und mit den in die drei Pauli-Matrizen umgewandelten Basiselementen der Quaternionen, also dem aus den drei 2×2-Pauli-Matrizen gebildeten formalen Drei-Vektor σ {\displaystyle {\vec {\sigma }}}  (in der Sprache der Physik: „dem doppelten(!)[1] Spindrehimpuls-Operator“). Der Punkt bedeutet das formale Skalarprodukt, α σ = α 1 σ 1 + α 2 σ 2 + α 3 σ 3 . {\displaystyle {\vec {\alpha }}\cdot {\vec {\sigma }}=\alpha _{1}\sigma _{1}+\alpha _{2}\sigma _{2}+\alpha _{3}\sigma _{3}\,.} Der scheinbar nur physikalisch motivierte Faktor 1/2 hat mathematisch u. a. zur Folge, dass sich die Spinoren im Gegensatz zu Vektoren nicht schon bei Drehungen um 2 π ( = 360 ) {\displaystyle 2\pi (=360^{\circ })} , sondern erst bei dem doppelten  Wert reproduzieren. Dagegen erhält man die gewöhnliche Drehgruppe im dreidimensionalen reellen Raum, die SO(3), indem man σ / 2 {\displaystyle {\vec {\sigma }}/2} durch den Ortsdrehimpuls-Operator L {\displaystyle {\vec {\mathcal {L}}}} ersetzt (ausgedrückt durch Differentialquotienten, z. B. L 3 = i φ {\displaystyle {\mathcal {L}}_{3}={\tfrac {\partial }{\mathrm {i} \,\partial \varphi }}} ). Dabei wurde {\displaystyle \hbar } , die reduzierte Plancksche Konstante, wie üblich durch Eins ersetzt, und φ {\displaystyle \varphi } ist der Azimutalwinkel (Drehung um die z-Achse). Jetzt reicht die Drehung um 360 o aus, um eine gewöhnliche Funktion – statt eines Spinors – zu reproduzieren.

In analoger Weise wird die SU(3), die Symmetriegruppe der Quantenchromodynamik, von den acht Gell-Mann-Matrizen erzeugt. Die Drehgruppe im R 4 {\displaystyle \mathbb {R} ^{4}} , die SO(4), passt in diesem Fall schon aus Dimensionsgründen nicht zur SU(3), sondern es gilt SO(4)=SU(2) × SU(2) (siehe erneut den Artikel Quaternionen).

Literatur

Lehrbücher

  • Joachim Hilgert, Karl-Hermann Neeb: Lie-Gruppen und Lie-Algebren. Vieweg, Braunschweig u. a. 1999, ISBN 3-528-06432-3.
  • Nicolas Bourbaki: Lie Groups and Lie Algebras. Springer, Berlin u. a. 2002, ISBN 3-540-42650-7, Chapters 4–6.
  • Theodor Bröcker, Tammo tom Dieck: Representations of Compact Lie Groups (= Graduate Texts in Mathematics. Bd. 98). Corrected 2nd printing. Springer, New York NY u. a. 1995, ISBN 3-540-13678-9.
  • Walter Pfeifer: The Lie Algebras su(N). An Introduction. Birkhäuser, Basel u. a. 2003, ISBN 3-7643-2418-X.

Artikel

  • Jonathan L. Rosner: An Introduction to Standard Model Physics. TASI 1987, Scanned version from KEK.
  • Erhard Scholz: Introducing Groups into Quantum Theory (1926–1930). arxiv:math.HO/0409571

Weblinks

  • Eric Weisstein: Special Unitary Group. In: MathWorld (englisch).

Einzelnachweise und Kommentare

  1. Dass nicht σ {\displaystyle {\vec {\sigma }}} , sondern σ / 2 {\displaystyle {\vec {\sigma }}/2} der Spindrehimpuls-Operator ist, ergibt sich u. a. aus der zugehörigen Lie-Algebra, der Drehimpulsalgebra.